„Wo ist denn eigentlich Martin abgeblieben,“ fragt mich Christian. „Ach, der hat jetzt ne Freundin. Die alte Nummer, wie immer,“ antworte ich leicht genervt. „Achso, na das erklärt, warum er so lange schon nicht mehr am Start ist.“ Christian packt sein Board aus und lehnt es an seinen Bus. „Dabei wollte er doch unbedingt mal mein neues Waveboard ausprobieren.“

Ist es möglich als Kiter eine glückliche Partnerschaft zu führen?

Es ist wie so oft. Erst wird rumgejammert, wie alleine man ist und kaum ist ne Frau da, zack ist der beste Kitebuddy vom Erdboden verschwunden. Ich frag mich, ob das so sein muss. Oder ob es nicht anders geht.

Warum geben so viele Menschen sich selbst und ihr Leben auf, sobald sie eine Beziehung eingehen?

Erstaunlicherweise ist die Singlerate sehr hoch unter Kitern. Und die Jungs, die eine Freundin haben, gestalten ihr Leben als Balanceakt zwischen ihrer Leidenschaft fürs Kiten und den Erwartungen an sie, wie sie ihr Leben zu führen haben.

Bei unserem letzten Kiterstammtisch ging es genau um das Thema. Eine Gruppe Jungs unterhielt sich darüber, dass sie im Urlaub immer einen Kompromiss eingehen müssten.  Die Freundin wollte dooferweise im Urlaub nicht nur am Kitespot stundenlang aufs Wasser starren und auf windlose Tage hoffen, um Zeit mit ihrem Schatz verbringen zu können. Zustimmendes Kopfnicken in der Runde. Also sei es doch besser die Urlaube zu trennen. Eine Woche mit der Freundin irgendwas machen, was sie geil findet.

Und eine Woche alleine mit den Jungs zum Kiten fahren und die Zeit seines Lebens erleben.

Wieder zustimmendes Kopfnicken.

„Ich hab ne super Idee,“ sage ich. „Das ist die Lösung all eurer Probleme.“ Fünf Augen richten sich gebannt auf mich. Vielleicht weiss die Frau ja was, was sie ihrer Frau zuhause schmackhaft machen können.

Neue Partnerschaft Modelle braucht das Land

„Also, es ist doch ganz einfach. Während ihr stundenlang auf dem Wasser seid und richtig Spass habt, kümmert sich ein gutaussehender, junger, knackiger und charmanter Yogalehrer um eure Frauen. Die sind dann abends total happy und haben gar nicht gemerkt, dass sie euch den ganzen Tag nicht gesehen haben. Und dann könnt ihr euch gemeinsam einen entspannten Abend machen.“ Ich ziehe genüsslich an meinem Cocktail-Strohhalm. Nach der ersten Sprachlosigkeit verspannen sich die Gesichter der sonst so selbstsicheren Kiterguys. „Ja nee, also,“ stammelt Mike, „also das würde ich dann auch nicht wollen.“ Die Vorstellung das Herz seiner Freundin an einen gutaussehenden Yogalehrer zu verlieren oder noch schlimmer sich abends im Urlaub von der Freundin vorschwärmen zu lassen wie nett und charmant doch der José sei, fügt ihm sichtlich Schmerzen zu. „Ja was? Ein paar Kompromisse muss man in der besten Beziehung eingehen,“ füge ich noch hinzu und muss lachen.

Kompromisse eingehen heißt doch, keiner bekommt was er eigentlich will. Und wer will das schon?

Warum tun wir uns das an? Warum verbringen wir unsere Lebenszeit damit Erwartungen zu erfüllen, die uns selbst gar nicht entsprechen? Weil wir das so gelernt haben? Weil man das schon immer so getan hat? Warum ist es so schwer jemanden zu finden, der den gleichen Traum träumt? Und was tut man, wenn man mal einen potentiellen Partner findet?

„Meine Freiheit ist mir wichtiger als irgendso ein Typ. Gut, ich bin alleine, aber dafür kann ich machen was ich will,“ klärt mich Melanie auf. Sie arbeitet mit ihrem Laptop von überall auf der Welt und verbringt ihre Zeit lieber auf dem Wasser als in den Armen eines Mannes. Das Problem scheint ja kein typisch männliches zu sein. Liegt es an der Lebenseinstellung?

Ist es so schwer jemanden zu finden, der den gleichen Traum träumt?

„Kennst du jemanden, von dem wir sagen können: Mensch, seitdem der ne Freundin hat, hat der sich aber entwickelt, ist viel aufgeschlossener und kontaktfreudiger geworden?“ fragt mich Oli, während wir vor dem Wohnwagen sitzen und darauf warten, dass der Grill heiß genug ist, um das Fleisch draufzulegen. Christian betrachtet sein Board von allen Seiten und streicht über die Oberfläche. Ach die junge Liebe.

Mach dir deine Partnerschaft, wie sie dir gefällt

Aber wir wollen mal nicht immer den neuen Partnern die Schuld dafür geben, dass die Kiterbuddys vom Erdboden verschluckt werden. Zu glauben sich in der Partnerschaft selbst aufgeben zu müssen, kommt ja auch von irgendwo her. Die Alternative einfach niemanden in sein Leben zu lassen, kann es ja nun auch nicht sein. Also was ist die Lösung?

Wir brauchen neue Konzepte von Partnerschaft, die ausreichend Platz für die Menschen bieten, die die Partnerschaft führen.

Was ist so schlimm daran, wenn die Freundin sich tagsüber mit dem Yogalehrer amüsiert? Was ist so schlimm daran, wenn die Freundin am Strand chillt, während der Freund auf dem Wasser ist? Würden mehr ihre Freundinnen und Kinder mitbringen, wäre es am Strand auch noch um einiges lustiger. Und seien wir mal ehrlich, die wenigsten Kiter sind fünf Stunden am Stück auf dem Wasser.

In unserer Kitecommunity genießen viele auch die Zeit zusammen am Strand, das gemeinsame Pause machen und das Kite-Bier danach beim Sonnenuntergang. Und was ist so schlimm daran den Partner am Wochenende alleine losziehen zu lassen und sich darüber zu freuen, dass er ne geile Zeit auf dem Wasser hat?

„Ja das geht ja alles noch, aber wenn das Kind kommt, war´s das ja erstmal mit dem Leben“ seufzt Michael in seine Bierflasche.

Seine Freundin sitzt zuhause und ist im 7. Monat schwanger. Ihn haben wir wohl dieses Wochenende dann auch für längere Zeit das letzte Mal gesehen. Wenn es nicht der neue Partner ist, ziehen dann spätestens die Kinder einen Schlussstrich unter das selbstbestimmte Leben. Die Selbstaufgabe per excellence.

Wir entscheiden, wie wir in unserer Partnerschaft leben wollen

„Aber so muss es doch nicht sein,“ meint Sonja, während ihr Sohn gemeinsam mit unseren Kindern Wasserbomben befüllt. Dieses Wochenende haben fünf KiterInnen bzw. Paare ihre Kinder mitgebracht. Die Kinder sehen wir so gut wie gar nicht, außer beim Essen. Es gibt zuviel zu entdecken auf dem kleinen Mini-Bauernhof, auf dem wir mit sieben Fahrzeugen und Zelten fünf Parzellen zugestellt haben. Am Strand findet sich schon immer jemand aus der Gruppe, der die Aufsicht übernimmt und abends spielen die Kinder in den Hecken und Scheunen des Bauernhofs.

Der Grill ist heiß genug. Als Erstes legen wir die Würstchen für die Kinder drauf. Die hungrige Meute hat gewittert, dass es gleich Futter gibt und fängt an sich um den Grill zu versammeln. Andrea sitzt entspannt daneben und dreht die Würstchen um. „Vielleicht brauchen wir bald mehr Platz. Ich hab da jemanden kennengelernt“ sagt sie und schaut die Kinder an. Aber in einem bin ich mir sicher. Andrea wird ihren Freund und ihre Blagen mitbringen. Okay, die Hoffnung stirbt zuletzt. Im Herzen bin ich Optimist. Und es sind ja auch schon viele wieder gekommen – nach der Trennung.

Wir haben die Wahl welches Leben wir führen wollen und womit wir unsere Zeit verbringen. Welche Kompromisse wir eingehen und worauf wir für andere verzichten. Aber bei aller Liebe darf eins nie vergessen werden: Wenn Wind ist, wird gekitet. 🙂

6 Kommentare

  1. Viel Gerede aber keine Lösungen….im Gundsatz ist es doch so…beide sind alleine…finden sich und leben zusammen…der Partner der selber kein Hobby hat…hat Langeweile und findet das Hobby des anderen dann irgendwann, wenn der erste Liebeshype vorbei ist blöde, oder kann mit dem Hobby seines Partners nichts anfangen…ich gehe sogar noch weiter und behaubte mal…das der der mit sich selber nichts anfangen kann, seinen Partner versucht zu erändern und in seiner Lebensweise einzuschränken…(Frauen haben hier ein besonderes Talent)..bis dann die Beziehung auseinander fällt…
    Leben und leben lassen ist hier doch die einfachste Lösung…wichtig ist hier das beide Partner ein Hobby finden und sich auch gegenseitig in ihren Hoobys unterstützen…reiner Egoismus ist hier schädlich und zerstört eine Beziehung…Selbstaufgabe ist hier natürlich g genauso schlimm..und Fragen wie „Schatz was machen wir heute“.gehen einen irgendwann auf die Nerven…man ist ja auch nicht der Belustigungclown des Anderen…Wochenende für Wochende…wenn ich das jetzt mal auf mich runterbreche kann ich sagen das Leben besteht nicht nur aus Kiten nein sondern auch auf das Hobby meiner Frau …das Reiten…Sie macht mir das Leben nicht schwer, wenn ich Kiten gehe und ich mach ihr das Leben nicht schwer wenn Sie reiten möchte…wenn man sich dann mal für zwei bis drei Stunden nicht sieht ist es auch nicht schlimm…Abend erzählt man sich dann seine Erlebnisse und Problem…man diskutiert und hört dem anderen zu…man interessiert sich eben…der Urlaub wird so plant das beide ihre Hobbys machen können…und Urlaubsziele werden so gewählt…das man beides machen kann…sollte meine Frau dann reiten und der Wind geht…ja dann ist es eben so…basta…zudem…ma her wir auch getrennt Urlaub…wobei meine Frau da erst anders gepolt war…Urlaub alleine …eine NO GO…doch da muss man sich eben durchsetzen….im Januar bin ich meist für 4 Wochen in CA…das ewige Gequängel im Vorfeld des Reise ging mir auf den Sack…ich sagte ihr …entweder du bist noch da, wenn ich Heim komme oder du bist nicht mehr da….basta…Sie hat’s akzeptiert….ich habe Sie dann auch in ihrem Hobby bestärkt so das Sie jetzt auch mit ihren Freundinnen und ihren Perden in Urlaub geht….Verbote in einer Beziehung sind also nie gut…Wahrheit und Aussprache ist wichtig…bei uns funktioniert es gut…und der Kleine ist auch kein Hindernis….4 Jahr Babypause gemacht…und eben mal auf CA verzichtet…dafür hat man sich ja für ein Kind entschieden….der geht jetzt überall mit ….und auch er wird sicherlich mal ein eigenes Hobby haben….und was Freundschaften angeht….einer Freundschaft schadet es nicht wenn man mal von der Bildfläche verschwindet…richtige Freunde gehen auch mal auf einen zu…soll heißen man besucht sich…alles andere sind ja nur Kollegiale Beziehungen…und keine Freundschaften….

    1. Das ist auf alle Fälle eine gesunde Lösung, die ihr beide da gefunden habt. Ich glaube auch, dass es zumeist daran liegt, wenn nur einer was mit sich selbst anfangen kann und Hobbies und Freunde und ein Leben hat, das nicht zu 100% aus dem Partner besteht. Cool, dass ihr eure Freiheiten aufrecht erhaltet, trotz Kind 🙂

  2. Hallo Barbara,
    ich finde deinen Blog klasse. Diese Fragen habe ich mir auch gestellt.
    Ich war 22 Jahre in einer klassischen Paar-Beziehung verheiratet, Diese Zeit betrachte ich als prägende Lebensetappe.
    In den Jahren nach meiner Trennung habe ich gemerkt, wie sehr ich abends die Ruhe genieße, wenn ich heimkomme und erkannt, dass ich mir eine Beziehung auch so vorstellen kann: Eine Partnerin, mit der ich Wochenenden und Urlaube verbringen kann und das Leben nach Strich und Faden genießen kann. Jemand, der in der Woche, wie ich, den persönlichen Freiraum für Beruf und Hobbies braucht, eine eigene Wohnung hat, in die man sich zurückziehen kann, wenn man Ruhe will.
    Ich sehe so eine Beziehung, die dauerhaft darauf angelegt ist, in getrennten Wohnungen und überwiegend an Wochenenden bzw. im Urlaub stattzufinden, nicht nur als Affäre, sondern als ein mögliches und gleichberechtigtes Lebensmodell, dass auf Freundschaft basiert.
    Ich habe das Gefühl mit meinen Vorstellungen ein gesellschaftlicher Außenseiter zu sein.
    Für mich ist diese Art Beziehung nicht unvollkommen, nur weil einige Komponenten klassischer Paarbeziehungen fehlen.

    Warum ist Freundschaft in der Regel einfach und unproblematisch, während Liebesbeziehungen oft zerbrechen und man eine nach der anderen hat?
    Ein grundlegender Unterschied zwischen Freundschaften und Liebesbeziehungen ist, dass es Raum für viele Freunde gibt, aber nur für einen Liebespartner.
    Für jemanden Liebespartner zu sein, bedeutet, eine besondere Rolle im Leben dieses Menschen zu besetzen. Eine, die sowohl Vorteile als auch Anforderungen mit sich bringt. Es ist ein Paket mit detaillierten Erwartungen darüber, wie eine Liebesbeziehung zu funktionieren hat. Einige Beispiele sind:
    – Entweder ist man zusammen oder nicht, es gibt keinen Mittelweg.
    – Liebe ist „mehr als Freundschaft“.
    – Es wird erwartet, dass man um der Beziehung willen Kompromisse eingeht.
    – Die Gefühle der Liebe sind auf eine oder wenige Personen beschränkt. Neue Mitglieder sind potentielle Gefahren für die Beziehung.
    – Die Personen in einer Liebesbeziehung sollen beide das gleiche füreinander empfinden.

    Im Unterschied dazu Freundschaft:
    Die Freundschaftsbeziehung muss nicht gemessen werden und braucht keine Bestätigung, weil der grundlegende Ausgangspunkt ist, dass nichts außer dem, was innerhalb der Beziehung passiert, die Freundschaft bedrohen kann. Die Beziehung ergibt sich aus dem Umgang miteinander und braucht nicht mehr bestätigt werden. Es würde sich seltsam anfühlen, nach zwei Wochen Besuch zu fragen „sind wir jetzt Freunde?“. Wenn man so über Freundschaft denkt, bedeutet das im Rückschluss,, dass gute Freunde nur wenige oder gar keine Ansprüche aneinander stellen. Im Vergleich dazu sind die Erwartungen untereinander in Liebesbeziehungen viel Höher.

    – Anstatt, dass der Umgang mit dem Partner eine Selbstverständlichkeit ist – wo man fast zusammengeklebt ist und alles gemeinsam tut – entscheidet man sich jedes Mal bewusst füreinander.
    – Anstelle der binären Logik von „zusammensein“ oder „Schluss machen“ entscheidet man sich in kleinen Portionen immer wieder füreiander oder gegeneinander.
    – Du musst dich nicht zwischen den Menschen, die du liebst, entscheiden.
    – Es gibt viel weniger Gründe, eifersüchtig zu sein.
    – Genau wie gute Freunde tut man etwas anderes, wenn sich der Kontakt gerade nur noch wie eine Verpflichtung anfühlt. Man macht keine Kompromisse, nur weil man glaubt, dass man das der Beziehung zu liebe machen sollte.
    – Man betrachtet sich nicht gegenseitig als selbstverständlich.

    Nun ja. Ich bin mit dieser Philosophie bisher nicht fündig geworden. Alle wollen immer den Klassiker. Ich aber nicht. Vielleicht ändert sich das ja beim Single Kiter Treffen in Köln.
    Kompliment für deine interessanten Beiträge.

    Viele Gruße
    Alwin Xberg von der Kitesurfer Köln Gruppe.

    1. Hi Alwin,
      ja ich seh das auch so wie du. Wir schränken uns da viel zu sehr ein. Wir können ja selbst entscheiden, wie wir leben möchten und ich glaube, dass du mit der Einstellung auch gleichgesinnte Frauen finden kannst. Wir sehen uns beim Single Kiter Treff!

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