Von Katja

Hier hänge ich jetzt also. An einem 18qm Kite… und ich soll jetzt auf dieses Board und damit FAHREN?! Was stimmt mit euch? Wie kommt ihr auf die Idee, dass das klappen könnte? Ja scheiße, dann versuch ich es mal und lenke den Kite runter. Es ist Tag 2 von meinem Kitekurs in „Lo Stagnone“ auf Sizilien.

Wie ich zum Kiten angestiftet wurde

Wie ich hier hingekommen bin, ist ne längere Geschichte und begann vor rund 11 Monaten, als ich bei einem Wochenend-Trip nach Holland ein paar furchtbar nette Kiterinnen und Kiter kennengelernt habe und mir gedacht habe: „Nette Menschen, Zeit am Wasser, Wind, Sonne… Hört sich so an, als könnte mir das gefallen“. Warum es dann so lange gedauert hat, bis ich an meinem ersten richtigen Kite hing, liegt unter anderem daran, dass man den Anfängerspot schon mit etwas Bedacht wählen sollte, also wurde mir gesagt… Deshalb habe ich mich für Sizilien entschieden (Zeit, Stehrevier, Windsicherheit, annähernd Wärme, Entfernung…).

Meine beste Freundin (Nicht-Kiterin) hat sich dann spontan noch eingeklinkt und somit stand irgendwann fest: Wir fahren zu zweit (mit ihrem WoMo) nach Sizilien, damit ich kiten lernen kann. Jetzt musste nur noch vor Ort ein Stellplatz her. Die sind in der Nähe von den Kiteschulen nicht vorhanden, aber nach ein paar Anfragen bei diversen AirBnBs haben wir doch noch jemanden gefunden, der uns gegen kleines Geld mit Frischwasser und einer warmen Duschgelegenheit versorgte.

In Sizilien gibt es Wind – wenn auch nicht immer den richtigen

So… knapp 20 Stunden nach unserer Ankunft in „Birgi Vecchi“ auf Sizilien soll mein Kitekurs also losgehen. Marian, der Inhaber der Kitelagune, hatte mir geschrieben, dass ich „so mittags“ aufschlagen soll. Als pünktliche Deutsche bin ich also um kurz nach 12 (mit meinem wundervollen Neo 😉) da, werde von Marian mit den Worten „Ah, du musst Katja sein“ begrüßt und stoße auf eine Gruppe von wartenden Kitern. Äh. Was ist denn hier los?

„Zu viel Wind“ lautet die Antwort und ich bin erst mal ernüchtert…

Aber… Aber… ich bin doch jetzt extra hierhin gefahren und will JETZT SOFORT unbedingt lernen! Und was soll das überhaupt sein? Zu viel Wind?! Na ja… scheinbar zu böig und die Truppe an wartenden Kitern hat so 1-2 Tage vor mir angefangen und für dieses Einstiegslevel ist es scheinbar zu böig… Was also tun? Erstmal mit der Theorie anfangen… Die hatte ich zwar schon in allen Details von unterschiedlichen anderen Kitern erklärt bekommen (danke euch noch mal an dieser Stelle!), aber schaden tut es sicher nicht… Das dreistufige Sicherheitssystem kann man ja nicht häufig genug testen und was jetzt noch mal Luv und was Lee war, hatte ich natürlich auch schon wieder vergessen…

Endlich geht es los!

Gegen Nachmittag (und nach gefühlt unendlicher Wartezeit) ist es endlich etwas weniger böig und ich darf meinen Neo, Neoschuhe und ein Sitztrapez anziehen und es geht ins Wasser. Der Kite wird von meinem Lehrer gestartet und an eine sichere, wenig befahrene Stelle (weit genug entfernt vom Ufer, immerhin haben wir auflandigen Wind) getragen. Mann! Was ist das hier für ein Untergrund in der Lagune?! Gar nicht so einfach sich hier vernünftig vorwärts zu bewegen, wenn man bei jedem Schritt bis zu den Knien in Schlick versinkt – aber okay, betrachten wir es als Beintraining…

Dann geht es endlich los. Einatmen. Ausatmen. Der 4qm Trainingskite wird auf 12h übergeben und ich hänge das erste Mal so ganz alleine an einem richtigen Kite. Geil! Dann kommen die ersten Übungen, die ich an Land auch schon mal mit einem 2qm Trainerkite gemacht habe: Kite ruhig auf verschiedenen Uhrzeiten halten, Achten fliegen… Und dann geht es endlich so richtig los und ich darf Bodydraggen in alle (möglichen) Richtungen üben. MEEEEEGAAAAAAA 😊 Toll, was so ein Kite für eine Kraft haben kann und wie ich durch die Gegend gezogen werde. Nachdem der Bodydrag Richtung Luv auch funktioniert, beendet mein Lehrer die Übungszeit (aus meiner Sicht viel zu früh) mit den Worten: „Das sah schon ganz gut aus und morgen kann das Brett dazukommen“, was ich mir erstmal nicht vorstellen kann, aber einfach so hinnehme, weil ich sehe wie meine Freundin mich mit einem echten „Feierabend“-Bierchen am Strand erwartet ❤ Das hab ich mir nach diesem ersten aufregenden Tag aber auch verdient 😉

Geduld ist eine Tugend – naja nicht unbedingt meine

So… am nächsten Tag geht’s weiter. Ich bin wieder gegen Mittag vor Ort und was ist? Rückstau bei den Schülern, weil…. ZU WENIG WIND!!!! Boah. Übe ich mich also schon wieder in Geduld und Demut. Und unterhalte mich, lese, genieße die Sonne…

Und als ein Lehrer frei wird, bin ich natürlich heiß drauf auf’s (haha… ich glaube ja eher in’s) Wasser zu kommen und beschließe, dass ich nicht den gleichen Lehrer wie gestern brauche. Werden schon alle ganz fähig sein, außerdem kommt Lehrer Nummer 2 aus Köln, das muss was gutes heißen 😉

Also wieder Rausstapfen in die Lagune. Noch viel, viel, viel weiter als am Tag vorher… Und der Lehrer fährt einfach vor und fährt so schön auf dem Wasser immer vor meiner Nase lang, damit ich weiß, wo ich hingehen soll. Meeennooooo… Das ist definitiv der anstrengendste Teil bisher.

Blöder Lagunenschlick. Egal. Ich will JETZT kiten. Krass.

Und dann komme ich scheinbar da an, wo ich hinsoll und was macht der Lehrer? Landet den 18qm Kite (wie gesagt, quasi kein Wind) am Windfensterrand und übergibt mir dann den Kite. Und den soll ich jetzt starten?! Na guuuut… der Kite zieht mich natürlich schön durch die Gegend, aber irgendwie klappt es einigermaßen. Und dann legt mir der Lehrer das Brett da hin, erklärt mir noch kurz was vorne ist und wie ich die Fußschlaufen noch anpassen sollte und dann soll ich versuchen zu starten. Und jetzt also zurück zum Anfang von diesem Text. WAS STIMMT MIT DEM? Ich soll jetzt mit diesem RIESENGROßEN Kite (bei dem mir der Lehrer gerade auch noch bestätigt hat, dass er bisher auch nur mal an einem 15er hing) in’s Fahren kommen. Auf dem Wasser. Mit einem Brett. Okok… Einatmen. Ausatmen. Kite langsam am Windfensterrand runterlenken (für den 18er reicht die Windkraft angeblich schon an der Stelle) und ja krass ich FAHRE…

…also… das hat natürlich nicht sofort beim ersten Versuch geklappt, aber nach ein paar Mal auf die Fresse fliegen, durchs Wasser herumgewirbelt werden, Kite wieder starten, Board suchen, Höhe verlieren, zurück durch die Schlicklagune waten und herausfinden, dass ich es viel einfacher finde im Sitzen als im Stehen zu starten…. fahre ich tatsächlich irgendwann die ersten Meter!

Und als es das erste Mal klappt, erschrecke ich mich natürlich so sehr, dass ich mich lieber schnell wieder ins Wasser fallen lasse.

Und zwar indem ich den Kite viel zu schnell nach oben lenke und mehr in irgendeine Richtung falle als mich sanft nach hinten auf den Po ins Wasser fallen zu lassen 😉 Aber geil! Was für ein Erfolg für Tag zwei! Dafür, dass ich niemals damit gerechnet habe, dass ich auch nur einen einzigen Meter auf dem Wasser fahren kann. Geil! Am Abend unter der Dusche stelle ich fest, dass ich mir meine Schienbeine ganz schön zerrockt habe. Da ist wohl das Brett ziemlich gegengeknallt. Zum Glück hatte ich nen Neo an, sonst sähe das sicher viel schlimmer aus. Und Sonnenbrand habe ich auch mehr, als für meine Nase gut ist… Morgen also lieber noch besser eincremen 😊

Auf dem Weg zum Kiteprofi

Ich bin „wie immer“ gegen Mittag an der Schule, warte aber erst mal wieder auf WENIGER Wind. Es ist furchtbar böig heute und irgendwann soll es aber losgehen und ich wate gefühlt erstmal wieder eine Stunde durch die Lagune. Heute sinke ich nicht ganz so tief ein, vielleicht ist die Lagune an dieser Stelle einfach fester? Egal… als ich den heutigen Startpunkt erreiche, darf ich den Kite wieder auf 12h übernehmen und soll erst mal kurz „fühlen“, wie sich 7qm so anders anfühlen als 15qm. Äh ja… Tun sie. Und boah.

Es ist echt böig. Ich merke wie ich Schiss habe heute. Das ist mir irgendwie alles nicht so geheuer… Aber das ist wohl Teil der Erfahrung.

Ich versuche also genau wie am Tag zuvor ans Fahren zu kommen… Und heute klappt es GAR NICHT. Nach ca. einer halben Stunde geben wir aber auch auf. Die anderen Schüler haben gerade auch das Wasser verlassen – es ist wohl echt zu böig. Im Nachhinein höre ich auch noch, wie die Lehrer meinen, dass selbst sie heute keine Kontrolle über den Kite hatten, sondern eher der Kite sie gesteuert hat… Jaguuuuut äääh… Lag dann wohl heute tatsächlich am Wind und nicht an mir, dass das alles nicht so easy war und ich nicht fahren konnte…. Versuchen wir es also am nächsten Tag wieder! Immerhin muss ich heute nicht aus der Lagune rauswaten, sondern darf mich vom Lehrer ein Stück zum Ufer bodydraggen lassen 😉 Und was soll ich sagen… Dann endlich an Tag 4 ist der Knoten geplatzt!

Es läuft einfach. Ich hänge an einem 9er. Der fühlt sich auch einfach gut an. Meine Angst vorm Vortag ist überhaupt nicht mehr vorhanden.

Insgesamt wate ich nur drei Mal wieder zurück. Fahren klappt heute sofort, der Kite tut gefühlt das, was ich will, ich erschrecke mich zwar immer noch, wenn ich plötzlich fahre, aber es fühlt sich toll an! Und dann irgendwann meint mein Lehrer, dass ich jetzt mal versuchen soll Höhe zu halten und sagt mir noch kurz, wie das gehen soll… Und zack! Irgendwie ist plötzlich wieder der Wurm drin und ich komme nicht mehr in’s Fahren und bekomme den Kite auch nicht mehr so richtig gestartet… Einmal schaffe ich es noch ein klein wenig die Höhe zu halten, aber dann beenden wir das Training für den Tag, weil ich mit meinem Ergebnis für den Tag erst mal happy bin und der Wind irgendwie auch mal wieder ein bisschen nachgelassen hat. Rausbodydraggen am Lehrer geht dieses Mal leider nicht 😉

Kitelife am Abend mit BBQ

Für den Abend hat Sabrina, die ihre Bar direkt neben der Kiteschule von Marian hat, zum wöchentlichen Barbecue eingeladen.

Nach der Dusche, dem dicken Einsprühen mit Anti-Mücken-Spray und einem ersten Feierabend- Bierchen sind meine Freundin und ich zurück auf dem Weg zur Kitelagune und freuen uns auf entspannte Menschen, Bierchen, leckeres Essen und: Live-Musik.

Alter geil, das war echt unerwartet ein fantastischer Abend mit sehr gutem Gesang und getanzt wurde natürlich auch noch, so lange, wie die Band durchgehalten hat 😊

Ab aufs Board

Und dann ist er leider schon da. Mein letzter Urlaubstag. Heute ist alles anders. Der Wind hat gedreht und ist plötzlich wieder auflandig (Höhe halten wäre heute echt gar nicht so blöd) und ich bin wieder mit dem Lehrer von Tag 1 unterwegs. Das finde ich echt nicht schlecht, weil er mir noch mal andere Sachen zeigt und anders erklärt. Außerdem „müssen“ wir heute endlich mal nen Kite aufbauen.

Die Tage vorher lag da irgendwie immer gerade schon einer rum… Ich mache heute auch meinen ersten „echten“ Start. Ich stehe dazu zwar im Wasser, aber das ist schon noch ein bisschen was anderes, wenn jemand den Kite hält, als wenn man ihn aus dem Wasser zieht. Ja… und dann fahre ich die ersten Meter und es klappt so ganz gut und plötzlich fällt mir der Kite runter und ich bekomme den Wasserstart heute GAR NICHT hin. Völlig verrückt, das hat die letzten Tage eigentlich echt immer easy geklappt, aber jetzt will der Kite einfach nicht zum Windfensterrand wandern! Na ja… mein Lehrer ist sehr geduldig mit mir und irgendwann habe ich es doch raus und schaffe es wieder den Kite vernünftig zu starten. Und dann? Dann bin ich entweder zu zaghaft, oder der Wind ist schwächer geworden. Zumindest bekomme ich es nicht mehr hin zu fahren. Und ja, ich bin schon ein kleiner Schisser, aber irgendwann fährt mein Lehrer kurz zurück und tauscht den 9er gegen einen 12er. Super, die Zeit kann ich nutzen um die verlorene Höhe wieder durch die Lagune zu waten.

Und dann hänge ich am 12er und ich sach euch… EIN TRAUM! Jetzt klappt plötzlich alles! Ich kann starten. Ich kann fahren. Ich halte Höhe. Und… *trommelwirbel* ich gewinne Höhe!!! Auf meiner Schokoladenseite (wenn ich nach rechts fahre) definitiv viel einfacher als nach links, aber mein Lehrer erklärt mir echt super, an welcher Stelle ich das Brett anders ankanten muss und wohin ich meinen Körper drehen soll, damit das besser klappt.

Und dann funktioniert es irgendwann auch nach links ohne Probleme! Juchuuu! Was für ein toller letzter Kitetag

Und so langsam merke ich auch, dass die Belastung in den Beinen nicht nur durch das Waten durch die Lagune kommt 😃 Überglücklich verlasse ich also an diesem Tag das Wasser, habe im Endeffekt noch 1,5h zusätzlich zum Zwei-Tages-Kurs dazugekauft und kümmere mich am Ende noch um die fehlende Theorie um eine VDWS-Lizenz zu machen, damit ich auch zurück aus dem Urlaub möglichst schnell wieder kiten kann und mir dafür auch jemand Material leiht. In diesem Sinne: Ich kann die langen Wochenenden im Mai kaum erwarten und will endlich wieder zurück AUFS (ja, echt, AUFS!!!) Wasser 😊