Auf nach Hamburg zum Boardbau-Wochenende. Wie man ganz einfach sein eigenes Board bauen, kann verrät uns Nadja in ihrem Erfahrungsbericht.
Die Idee von meinem eigenen Board
Ich war schon immer jemand, der gerne Dinge selbst aufgebaut und hergestellt hat und so war es auch nur eine Frage der Zeit bis ich nach der Entdeckung meiner Liebe zum Kiten auch ein eigenes Board bauen wollte. Ich würde mich als handwerklich geschickt bezeichnen, leider fehlt mir das notwendige Know-how, Werkzeug und die fachkundige Anleitung um das Vorhaben wirklich in die Tat umzusetzen.
Ab ins Boardlab
Die Jungs von Boardlab, Jannek und Gerrit, bieten an Wochenendkursen die Möglichkeit, in ihrer Werkstatt in Hamburg Boards zu bauen. Jannek baut nebenbei selbst Kiteboards für seine eigene Marke Kantholz, also schien ich da an der richtigen Adresse zu sein. So habe ich nicht lange gezögert, im Freundeskreis rumgehört, wer mitfahren möchte und mich relativ zügig bei den Jungs angemeldet.
Meine erste Angst war, dass ich mich aufgrund der Zeit oder des Aufwands beim Design so stark einschränken müsste, dass ich nachher nicht vollständig zufrieden mit dem Brett wäre. (Jaja, Frauenprobleme :-D) Meine erste Frage an Gerrit war deshalb, welche gestalterischen Möglichkeiten sich anbieten – immerhin sind ja nur 2 Tage Zeit für den Bau den Boards. Doch Gerrit beruhigte mich:
„Im Prinzip könnt ihr alles machen, was ihr wollt. Eventuell braucht es nur ein wenig Vorbereitungszeit.“
Neben einem Plotter, mit dem man Folien in den verschiedenen Farben zurechtschneiden und im Board einarbeiten kann, gibt es auch die Möglichkeit mit Holzfurnieren oder Acrylfarben zu arbeiten. Man kann auch leichte Baumwollstoffe einarbeiten (dicke Stoffe saugen sie sich zu sehr mit Harz voll und das Board wird viel zu schwer) oder sich bei speziellen Herstellern Vliese mit dem Wunschmotiv bedrucken lassen. Der Vorteil dieser Vliese ist, dass diese sehr leicht und farbecht sind.
Die Qual der Designwahl
Diese Argumente haben mich überzeugt und ich hab den Jungs bei Freaks of Fashion nach langem hin und her meinen Designvorschlag geschickt. Hierfür sollte man den Jungs fairerweise 1-2 Wochen Vorlauf geben, also früh genug übers Design nachdenken lohnt sich. Bei meiner Freundin haben die Jungs sogar ihre Hilfe beim Entwurf angeboten und ihre Vorstellungen ziemlich schnell getroffen, so dass auch sie sich für den Druck des Motivs auf Vlies entschied.
Die nächste Entscheidung war die der Boardgröße und die Gestaltung der Tips, also glatt oder zackig. Gerrit nahm sich am Telefon viel Zeit, um uns entsprechend unserer Größe, Gewicht, Fahrlevels und Vorlieben zu beraten. Hierbei hat er uns Vorschläge gemacht, die endgültige Entscheidung aber uns überlassen. Wobei wir zwei sowieso so wenig Ahnung hatten, dass wir seine Empfehlung quasi direkt übernommen haben.
Auf nach Hamburg
Wir Mädels sind also freitags mit dem Bulli von Köln aus Richtung Hamburg getuckert und abends vor der Tischlerei angekommen. Netterweise durften wir auf dem Gelände übernachten, so dass wir uns ein Hostel (was nur 10 Minuten Fußweg entfernt liegt) sparen konnten. An Schlaf war sowieso nicht viel zu denken, wir waren ziemlich aufgeregt und voller Vorfreude auf den nächsten Tag. Nur die Strapaze der Anreise mit stundenlangem Stau ließ uns dann irgendwann selig einschlafen.
Samstag Morgen ging es dann endlich los: Punkt 9 Uhr öffnete Gerrit die heiligen Pforten und nach einem kurzen Kennenlernen begannen wir mit dem eigentlichen Bau.
Die Holzrohlinge waren bereits vorbereitet entsprechend unserer Absprache vorbereitet und lagen bereit, so dass wir direkt loslegen konnten. Nach der Auswahl der Kantenfarbe fingen wir an die Kanten zu formen und zu montieren. Gerrit hat uns nebenbei dann noch erklärt, wie er die Rohlinge vorbereitet hat und welche Arbeitsschritte notwendig waren, so dass jeder von uns wusste, was zu tun wäre, wenn man mehr Zeit hätte.
Während der Kleber trocknete, setzten wir uns gemeinsam zu einer gemütlichen Brotzeit in der Sonne zusammen und haben uns ein wenig über unsere Kiteerlebnisse ausgetauscht. Da alle Teilnehmer unseres Kurses bereits ihr Design vorbereitet hatten, konnten wir das Ganze ein wenig entspannter angehen. Normalerweise wird im Anschluss mit jedem das Design besprochen, so dass nach der Pause das Design für das Brett vorbereitet werden kann.
Vom Design zum Board
Im Anschluss bauten wir die Tische auf, mit denen man den Rocker und die Konkave in das Brett pressen kann. Auch hierbei nahm sich Gerrit viel Zeit um mit jedem einzeln zu besprechen, welcher Rocker zu welcher Konkave bei jedem von uns geeignet wären. So konnten wir unser Brett absolut individuell auf die eigenen Bedürfnisse anpassen. Nach dem Aufbau begannen wir dann mit dem Einharzen der Bretter und dem Auflegen der verschiedenen Schichten zum Brettaufbau, die dann über Nacht vakuumverpackt in Form gepresst wurden.
Am Sonntag kam dann der große Moment: wir durften unsere Bretter aus der Vakuumpresse rausholen und erstmal das fertig geformte und designte Brett begutachten. Ausnahmslos alle hatten das dicke Grinsen im Gesicht stehen als sie ihre „Babys“ das erste Mal im Arm hielten. Und dann der schlimmste Moment: wir müssen die Oberfläche noch einmal bearbeiten… Im Ernst? Es sieht so schön aus und ich muss es jetzt kaputt machen? Spoiler Alarm: am Ende hat es sich gelohnt, aber im ersten Moment war es ein kleiner Schock ein optisch schönes Brett abzuschleifen…
Anschließend haben wir das Brett ausgefräst, die Kanten bearbeitet, das Board gesäubert und lackiert. Während der Trocknungszeit des Lackes begannen wir dann schon einmal gemeinsam die Werkstatt aufzuräumen und das schöne Wetter auf dem an die Werkstatt angeschlossenen Balkon zu genießen. Wir hätten natürlich auch nach Hause fahren können und das Angebot annehmen können uns das Board zuschicken zu lassen. Aber wir waren so stolz wie Bolle und das lange Wochenende stand bevor, also beschlossen wir lieber spät ins Bett zu kommen als das Risiko einzugehen, das Brett am bevorstehenden Wochenende nicht fahren zu können.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Sandra hat sich als großer Kapstadt Fan ein entsprechendes Brett designed und mein Board ist das mit dem Dschungelprint und dem Tiki.
Wir haben die Zeit total genossen! Neben einer sehr guten Betreuung, bei der sich viel Zeit genommen wurde um uns individuell zu beraten (und ich habe es den Jungs echt nicht leicht gemacht mit meinen tausend neuen Ideen zum Design) haben wir zwei wundervolle Tage genossen. Es wurde konzentriert gearbeitet, alle Fragen ausnahmslos ausführlich beantwortet und es war trotzdem eine gewisse Leichtigkeit in der Werkstatt zu spüren, die das Arbeiten wirklich angenehm gemacht hat. Auch nach erledigter Arbeit hatte es keiner von uns wirklich eilig los zu kommen, sondern wir haben wirklich gerne noch zusammengesessen und uns ausgetauscht.
Mit dem Ergebnis bin ich absolut zufrieden! Man macht sich ja vorher immer so seine Gedanken wie das Brett aussehen könnte und wenn man es das erste Mal selbst wagt denkt man auch daran, dass man dieses Idealbild höchstwahrscheinlich nur mit ein paar Abstrichen erreichen wird. Aber ich bin absolut positiv überrascht worden. Abgesehen davon, dass es mich persönlich optisch total überzeugt hat geh ich auch mit einem wirklich tollen Gefühl nach Hause etwas selbst gefertigt zu haben. Ich habe mich an Arbeitsschritte gewagt, die ich mir vorher selbst nicht zugetraut hätte und habe Talente bei mir entdeckt, die ich nicht einmal erahnt habe.
Auf zum Praxistest
Ich kann den morgigen Tag gar nicht erwarten, um es endlich Probe zu fahren. Sobald es getestet wurde, reiche ich noch einen Nachtrag zum Fahrverhalten nach. Spannend wäre zudem auch ob Sandra und ich, die beim Board auf unterschiedliche Eigenschaften den Fokus gelegt haben auch als Nicht-Kenner in der Lage sind, die Unterschiede im Fahrverhalten zu erkennen.
Ich kann auf jeden Fall diese Workshop wärmstens empfehlen für alle, die Lust haben, sich näher mit der Materie zu befassen. Ich würde sogar soweit gehen und sagen, dass man absolut keine Vorerfahrung mit irgendwelchen Geräten oder Handwerk haben muss um ein schönes Brett zu bauen, da die Jungs sich wirklich die Zeit nehmen einem die einzelnen Schritte zu erklären, es vormachen oder auch noch einmal überprüfen oder auf Wunsch nacharbeiten. Also: traut euch!
Viel Spaß und Hang Loose!