Kiten ist eine Sucht. Wer einmal anfängt und den das Kitefieber packt, den lässt es nicht mehr los. Als ich ganz euphorisch einem kitendem Freund von meiner ersten Kitestunde berichtete, nickte der anerkennend und sagt: „Du bist kite-addicted“. Es klang wie eine Auszeichnung, als wäre ich es jetzt würdig eine bessere Welt zu betreten.

Der Teufel hängt an jeder Leidenschaft, denn jede Leidenschaft nimmt Platz ein.

Als ich mit dem Kiten begann, hatte ich Glück, dass mein Mann es auch probieren wollte und Spaß daran fand. Denn wie ein Freund mal sagte: „Kiten ist eine Lebensentscheidung, das machst du nicht einmal im Jahr im Urlaub. Wenn es dich packt, dass brennt dein Herz dafür.“ Und es stimmt, wir haben unser Leben total nach diesem Sport ausgerichtet. Jeden Urlaub, jedes Wochenende verbringen wir so oft wie möglich am Wasser. Diese Leidenschaft teilen wir mit Gleichgesinnten, die es auch sofort aufs Wasser treibt und die uns verstehen. Alles andere erscheint uns langweilig und unsinnig. Wenn ich so darüber nachdenke, kann ich verstehen, warum viele Kiter auf eine Kiterin als Freundin hoffen oder wenigstens auf eine, die Spaß daran hat am Strand rumzuliegen und darauf zu warten, dass der Freund mal ´ne Pause macht oder jemand anderes noch seine Freundin dabei hat, die auch nicht kitet. Was ist das für ein Gefühl der Wasserreicher am Wegesrand des Marathons zu sein?

Wie lebt es sich mit einem Menschen, der immer auf der Jagd nach dem Kick ist, dem der Alltagstrott und das Activity Spielen mit den Freunden nicht reicht, der übellaunig wird, wenn die Wind-App mehr als 15 Knoten anzeigt, aber er sich nicht sofort auf sein Board schwingen kann?

Was braucht alles deine Aufmerksamkeit?

Erst letztens erzählte mir ein Kite-Kumpel, dass er jetzt nur noch mit Frauen ausgeht, die es mögen am Strand zu sein. Seine letzte Freundin hatte da nämlich keinen Bock drauf. Aber ist es nicht einfach eine Frage der Aufmerksamkeit? Wieviel Aufmerksamkeit sind wir bereit unserem Partner, Freunden, Arbeit und unserem Sport zu geben? Und was denken wir, was wir unserem Partner an Aufmerksamkeit geben müssten, weil es so von uns verlangt wird? Komischerweise kreist in den Köpfen vieler Menschen die Annahme, dass sie sich für den Partner verbiegen müssten, dass sie nicht mehr sie selbst sein dürften, weil sie zu egoistisch ihr Leben führen würden, weil eine Partnerschaft nun mal Opfer braucht. Ich habe schon einige Frauen über Jahre dabei beobachte, wie sie nörgelnd versuchen ihren Partner in die Person zu verwandeln, die sie gerne lieber als Partner hätten und ich möchte sie schütteln und ihnen zurufen: „Hast du es nicht vorher gewusst wie dein Partner ist? Du wolltest einen durchtrainierten, allseits beliebten, gutverdienenden Vorzeige-Mann, der eine Passion hat – denkst du das fällt vom Himmel?!“ 

Passion und die Liebe

Gemeinsam den Lebensweg zu beschreiten, heißt doch den Partner so zu nehmen wie er ist, auch wenn er einer Passion folgt, nach der er sein Leben ausrichtet. Auch wenn er manchmal die Aufmerksamkeit auf andere Dinge, Menschen, Ziele richtet als noch vor einem Jahr. Wir sollten uns dabei unterstützen glücklich zu sein, jeder mit dem, was ihn glücklich macht. Und gemeinsam eine schöne Zeit genießen – ganz gleich, ob es nächstes Jahr zur selben Zeit noch genau sein wird. Wir verändern uns ständig und sollten nicht aus der Einsamkeit heraus Dinge, Menschen und Passion aufgeben, nur weil wir die Chance darauf haben vielleicht nicht mehr alleine zu sein. Menschen sollten aufhören vom Erdboden zu verschwinden nur weil sie jetzt einen Partner haben. Das erweckt das schale Gefühl bei den Zurückgelassenen, dass sie nur Mittel zum Zweck waren, dass es eigentlich nie um sie ging.   

Folgen wir der Weisheit Buddhas, dass wir nur das Jetzt haben, so können wir uns ins Leben stürzen ohne Angst vor dem Fallen. Menschen kommen und gehen in unserem Leben und wir nehmen mit, was geht. Willst du wirklich nur der Wasserhalter am Wegesrand des Marathonläufers sein oder suchst du dir selbst einen Lebenssinn und verabredest dich mit deinem Freund dem Marathonläufer einmal in der Woche zum Candle-light-Dinner? Wir alle haben Erwartungen an die Menschen in unserem Leben doch wir können nur eins tun: Sie so zu nehmen, wie sie wirklich sind. Und schauen wie wir gemeinsame Zeit gestalten können. Lösen wir uns von althergebrachten Mustern, schlechten Erfahrungen und negativen Erwartungen. Menschen verletzen uns, ja, so wie wir sie. Treten wir in Kontakt mit unserem Leben und holen raus, was uns glücklich macht.